Reschensee
Wer von Deutschland oder Österreich aus über den Reschenpass nach Südtirol fährt, kommt auf jeden Fall an dem riesigen Stausee vorbei. Der Reschensee (Lago di Resia), dessen Wahrzeichen der aus dem Wasser herausragende Kirchturm ist, ist ein beliebtes Südtiroler Ausflugsziel.
Der Reschensee liegt im Westen von Südtirol, in der Gemeinde Graun, nur wenige Kilometer von der österreichisch-italienischen Grenze entfernt. Der künstlich angelegte See ist sechs Kilometer lang und an der breitesten Stelle rund einen Kilometer breit. Er hat eine Fläche von 677 Hektar, fasst ungefähr 120 Millionen Kubikmetern Wasser und erzeugt rund 250 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Bis zur Seestauung im Jahr 1950 gab es an dieser Stelle drei natürliche Seen: Den Reschensee, den Haidersee und den Mittersee, der auch Grauner See genannt wurde.
Die Geschichte des Reschensees
Heute gehört der aus dem See herausragende Kirchturm zu einem der meistfotografierten Motive ganz Südtirols. Dabei ist die Ursache für dieses Fotomotiv eigentlich eine echte Tragödie. Bereits 1920 gab es Pläne, den Reschensee und den Mittersee künstlich aufzustauen. Ursprünglich war geplant, den Wasserspiegel um fünf Meter anzuheben. Diese Anhebung des Wasserspiegels hätte für die umliegenden Ortschaften keine Auswirkungen gehabt. Erst im Jahr 1939 nahm die Idee des Stausees aber konkretere und auch erschreckendere Formen an. Der Konzern Montecatini (heute Edison) erarbeitete ein neues Konzept für den Stausee, das eine Anhebung des Wasserspiegels von 1475 auf 1497 Meter vorsah. Dieses wurde von der italienischen Regierung (unter Mussolini) genehmigt. Durch den Zweiten Weltkrieg kamen die geplanten Bauarbeiten zum Erliegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg pochte der Konzern aber auf den Bau des von der Regierung ja bereits genehmigten Stausees.
Trotz massiver Proteste konnte sich die Bevölkerung nicht gegen die Interessen der Industrie zur Wehr zu setzen. Die Bewohner der von der Seestauung betroffenen Orte Graun, Reschen (hier war nur ein Teil betroffen) und der Weiler Piz, Arlund, Gorf und Stockerhöfe (St. Valentin) wurden zwangsenteignet und zur Umsiedlung gezwungen. Im Sommer 1950 wurden in den betroffenen Ortschaften alle Gebäude gesprengt und die Region durch Anlegung des Stausees, dessen Wasserspiegel nun 22 Meter höher als der der bisherigen Seen war, komplett überflutet. Lediglich der romanische Kirchturm von Alt-Graun, der aus dem 14. Jahrhundert stammt, wurde aus Denkmalschutzgründen von der Zerstörung verschont.
Reschensee heute: Beliebtes Ausflugsziel
Heute ist von dieser tragischen Vergangenheit am Reschensee wenig zu spüren. Der See ist zu einem beliebten Ausflugsziel ganz besonders für Aktivurlauber geworden. So können zum Beispiel Wanderfans den See auf einem gut 15 Kilometer langer Wanderweg umrunden, Kite-Surfer finden im Sommer ideale Sportbedingungen vor und auch mit dem Paddelboot oder einem Tauchanzug lässt sich der See herrlich erkunden. Hartgesottene Sportler können im Reschensee natürlich auch schwimmen gehen – die Wassertemperatur bleibt aber auch im Sommer ziemlich frisch. Im Winter kann man auf dem See Schlittschuh laufen, Snowkiten und Eissegeln. Wenn der See im Winter richtig zugefroren ist, kann man sogar mit dem Pferdeschlitten über das Eis fahren. Am Reschensee befindet außerdem das Skigebiet Schöneben. Die Talstation der Gondelbahn Schöneben liegt an der Westsseite des Sees und ist von Reschen aus erreichbar.